Geschwister

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Geschwister. Sie begleiten uns ein Leben lang und prägen uns entscheidend.
Was wir gewinnen, wenn wir alte Muster überwinden – und uns als Erwachsene neu begegnen.

Laut einer empirischen Geschwisterforschung hat man erkannt, dass Schwestern und Brüder einen mindestens ebenso wichtigen Einfluss auf die seelische Entwicklung eines Menschen haben wie die Eltern. Hinzu kommt, dass die Geschwisterbeziehung meist die intensivste und am längsten andauernde Beziehung im Leben eines Menschen ist. Geschwister sind in unsere Identität eingewoben. Sie sind nach den Eltern unsere ersten Vorbilder, sie bieten uns ein Trainingsfeld für soziale Beziehungen, sie helfen uns bei der Identitätsfindung, und sie stehen in Krisen an unserer Seite.
Geschwister prägen uns viel mehr, als uns bewusst ist.


Ambivalente Gefühle

Aussuchen können wir uns nicht, mit wem wir aufwachsen. Und wir können uns von unseren Geschwistern auch nicht scheiden lassen. Aus dieser angeborenen Bindung kommt man sein Leben lang nicht mehr heraus. Selbst wenn sich Geschwister nicht mehr verstehen oder sogar Funkstille eingetreten ist, bleiben sie Teil einer Familie. Wir können mit unseren Schwestern und Brüdern eine tiefe Verbundenheit erfahren und an die Grenzen unserer Macht stoßen, wenn sie uns in unserer Entwicklung behindern oder unterdrücken.

Die Haltung der Eltern hat dabei einen großen Einfluss, sowohl auf die individuelle Entwicklung als auch darauf, wie Geschwister sich miteinander verstehen, und das nicht nur als Kinder. Wie Eltern im Alltag auf ihre Kinder eingehen, ob sie Konkurrenz zulassen, ein Kind bevorzugen oder auf eine faire und gerechte Behandlung aller achten, ob sie jedem innerhalb der Familie feste Rollen zuweisen oder Flexibilität fördern – das alles beeinflusst das Verhältnis der Geschwister untereinander.


Ich bin jetzt erwachsen

Fest steht: Das Verhältnis zu unseren Geschwistern ist nicht vorbei, wenn wir das Elternhaus verlassen. An so manchen Schmerz, den wir einander zugefügt haben, erinnern wir uns auch später noch – bewusst oder unbewusst. Und trotz dieser Kindheitserfahrung passiert es dann immer wieder, dass man bei einem Familientreffen in die alte Rolle rutscht. Manchmal reicht eine Bemerkung, und man fühlt sich sofort wieder klein und ohnmächtig. Dann muss man sich bewusst daran erinnern, dass man erwachsen ist und eine wohltuende Distanz einnehmen kann.

An der Beziehung zu seinen Geschwistern kann man arbeiten, ein Leben lang. Was auch bedeutet, die Kindheitsrollen aufzugeben, nicht mehr „der Besserwisser“, „die Rebellische“ oder „die Fröhliche“ zu sein, sondern sich auf einer erwachsenen Basis zu begegnen.


Was können Geschwister dafür tun?

Die eigene Geschichte verstehen: Sich klarwerden, wer man selbst war und welche Rolle man eingenommen hat. Sich dabei auch die Frage stellen, welche nicht gelebten Persönlichkeitsanteile der Bruder oder die Schwester einem vorleben. Mein Tipp: Familienaufstellung

Haltung annehmen: Die Geschwister nicht als etwas Selbstverständliches betrachten. Respekt und Höflichkeit ermöglichen ein gutes Verhältnis.

Erinnerungen teilen: Sich über die unterschiedlichen Perspektiven auf die gemeinsame Kindheit austauschen und sich selbst dabei ein Stückchen neu entdecken.

Emotionen managen: Üben, über die eigenen Gefühle zu sprechen.

Verletzungen einordnen: Konkurrenz, Eifersucht und Neid sind typische Gefühle in Geschwisterbeziehungen, die oft tabuisiert werden. Hier hilft es, Beobachtungen, Bewertungen und Schlussfolgerungen zu trennen. Mein Tipp: Familienaufstellung

Ungerechtigkeiten benennen: Über die unterschiedliche Behandlung durch die Eltern sprechen.

Ansichten hinterfragen: Gewohnte Bewertungen anderer Geschwister, die im Familienverbund vorherrschen, hinterfragen und sich für Neues öffnen.

Muster durchbrechen: Versuchen, alte Rollenverteilungen abzulegen. Nicht immer der Vernünftige sein, nur weil die anderen das erwarten. Wer sich überraschend anders verhält, kreiert neue Berührungspunkte mit den Geschwistern. Mein Tipp: Familienaufstellung

Perspektive wechseln: Überlegen, was den Bruder oder die Schwester zu ihrem Verhalten bringt – und nachfragen. Mein Tipp: Familienaufstellung

Abstand wagen: Steckt die Geschwisterbeziehung in einer Krise, darf man auf Distanz gehen. Danach kann eine Wiederannäherung in kleinen Schritten möglich sein.

Realität akzeptieren: Die Geschwister so akzeptieren, wie sie sind. Sich selbst daran erinnern, dass man erwachsen ist und aus vielen Situationen selbstbestimmt hinausgehen kann.

Unterstützungsgemeinschaften bilden: Geschwister, die bei der Unterstützung ihrer Eltern im Alter und Sterben zusammenarbeiten, stärken ihre Verbundenheit.

Lebenslanges Band pflegen: Gemeinsam mit den Geschwistern Rituale erfinden, die sie regelmäßig zusammenführen. Das gibt Struktur und schafft Verbundenheit.


Anerkennung und Wertschätzung

Zentral ist dabei, dass die Geschwister die Gleichwertigkeit in der Beziehung akzeptieren. Nur die gegenseitige Anerkennung als Gleichwertige ermöglicht eine neue, erwachsene, ,horizontale‘ und befriedigende Neukonstellierung der Geschwisterbeziehung.
Was wir dabei gewinnen können, ist wertvoll: eine lebendige gelebte Beziehung zu Menschen, mit denen uns zentrale biografische Erfahrungen verbinden.


Familiensystem

Das Familiensystem ist für den Menschen besonders bedeutsam. Jeder Mensch bildet zusammen mit seinen Eltern und Geschwistern die Schicksalsgemeinschaft der Familie. Als Familienmitglied gehört er jedoch auch zu einer Sippschaft, in der sich beide Sippen der Eltern zu einem größeren System von Menschen verbinden, die der betreffende Mensch vielleicht nicht alle kennt und die trotzdem bedeutend für ihn sind. Aus systemischer Sicht ist eine Lösung nur dann gut, wenn sie auch für alle gut ist oder zumindest anderen Personen nicht schadet.


Familienaufstellung: Die Lösung liegt in jedem selbst. Ein Perspektivenwechsel wirkt.

Jede Person lebt täglich in Systemen – beruflich oder privat – auch in ihrem eigenen Selbst-System. Zur Systemaufstellung zählt auch die Familienaufstellung. In einer Systemaufstellung, das mit mir zusammen in einem Einzelsetting stattfindet, werden Dynamiken in Familien und der oder dein Platz in der Familie (Kernfamilie oder Herkunftsfamilie) bewusst gemacht. Durch die objektive und subjektive Sichtweisen-Veränderung kommt man rascher zu einer Lösungsfindung.

Mir ist es ein Anliegen, dass der gesamte Aufstellungsprozess wertschätzend, versöhnend, verzeihend, respektvoll und ohne Abwertungen stattfindet. Im Coaching-Setting arbeite ich einerseits mit systemzirkulären Fragetechniken. Dies regt den Kunden zu Bewusstseinsprozessen an. Andererseits können sogenannte Lösungssätze, die als Intervention eingebracht werden, befreiend und nachhaltig für das System wirken.

Gut zu wissen: Falls du Interesse an einer Familienaufstellung im Einzelsetting hast, dann melde dich gerne für einen Termin per Telefon oder E-mail.

 

Quelle: Psychologie heute, Nicole Burtscher