Verletzlichkeit schafft Veränderung

Eine Tabelle mit einer Spalte für „Arbeit“ und mit einer Spalte für „Privat“

Foto: Neue Narrative


Sei doch mal schwach. Verletzlichkeit bringt dich weiter.

Wer Gefühl zeigt, macht sich verletzlich. Verletzlich sein heißt, Schwächen zu haben, unsicher zu sein und den Panzer abzulegen, der in der Arbeitswelt leider häufig noch nötig ist, um weiterzukommen. Doch ganz ehrlich: Work hard, play hard war gestern. Gefühle und Unsicherheiten gehören zu uns und zur Arbeit. Organisationen sollten für diese Menschlichkeit viel mehr Raum geben und Verantwortung zeigen.

Denn wenn wir nicht erzählen, wie es uns geht, wenn wir nicht auf unsere Gefühle achten und rechtzeitig „Stopp“ sagen, wenn wir erkennen dass wir keine Maschinen sind, sondern auch emotionale, körperliche und mentale Grenzen haben, dann sind wir nie und nimmer authentisch.
Emotionen und Erfahrungen lassen sich nicht in privat und beruflich aufteilen. Unsere Innenwelt nehmen wir überall hin mit und es nützt nichts, sie zu ignorieren und zu unterdrücken. Wir brauchen eine Kultur der Verletzlichkeit.


Steh zu deinen Schwächen. Für mehr Mut am Arbeitsplatz.

Verletzlichkeit ist in unserer Gesellschaft nicht gerade hoch angesehen und es erfordert viel Mut, sie zu zeigen.
In der Arbeitswelt lernen wir, dass wir nicht kompliziert sein sollen, dass wir nur dann gute MitarbeiterInnen sind, wenn wir Aufgaben schnell, flexibel und ohne zu Jammern erledigen. Überfordert uns etwas, sollten wir durchhalten, obwohl wir manchmal innerlich versagen oder daran scheitern. Im Job wird man oft über die Leistung definiert und bekommt dadurch, mehr oder weniger, die Anerkennung und Wertschätzung, die wir uns so oft wünschen.

Unserem Körper und unserer Psyche ist nicht geholfen, wenn wir ihre Grenzen ignorieren.
Studien zeigen, dass das Miteinander in Beziehungen durch offene Kommunikation vertrauter und verlässlicher wird. Es wird ein Gefühl von psychologischer Sicherheit vermittelt, das helfen kann, Unsicherheiten und Probleme anzusprechen – offen und authentisch sein zu dürfen und sich als Mensch zu zeigen.

Sprechen wir im Team oder in Dialogen offen über Konflikte und Verletzungen, können wir Systeme von Mobbing, Ausgrenzung oder Überforderungen erkennen und benennen. Und nur wenn das gelingt, kann sich auch etwas verändern. Nur dann, wenn wir etwas von uns zeigen, können andere uns besser verstehen und mitfühlen.


Hör auf deine Emotionen. Sie sind ein Sprachrohr für unerfüllte Bedürfnisse und Wünsche.

Verletzlichkeit schafft Veränderung.
Emotionen zu zeigen und zu benennen („Name it to tame it“ von Daniel Siegel), bedeutet für sich und seine Gefühle einzustehen und andere dazu aufzufordern hin- statt wegzusehen. Erst durch unsere Gefühle werden Bedürfnisse sichtbar, spürbar und erkennbar. Sie sind somit wie ein Sprachrohr unserer Bedürfnisse und Wünsche: Wie geht’s mir wirklich? Welches Bedürfnis kommt grad zu kurz? Was muss ich tun, damit mein Bedürfnis genährt wird?
Fazit: Es ist sogar total wichtig auf unsere Gefühle zu hören. Nur so schaffst du Veränderung in eine positive Richtung.


Eine Anleitung für mehr Verletzlichkeit.
Klarheit schaffen: Worin besteht die Spannung?

Häufig geht es uns schlecht, aber wir können nicht ganz konkret benennen, was eigentlich los ist. Wir schleppen uns zur Arbeit und fühlen einen Widerwillen. Liegt es daran, dass bestimmte KollegInnen nie „Guten Morgen“ sagen? Fühlen wir uns nicht genug beachtet? Sind wir überlastet? Oder gibt es noch einen anderen Grund? Der erste Schritt in Richtung Veränderung ist die konkrete Erkenntnis, was eigentlich los ist.
Um Verletzlichkeit zu üben, kannst du dir im Vorfeld überlegen was du auch auf der Arbeit teilen möchtest und was nicht.

Denk dran: Du musst nicht alles preisgeben. Nur das was für dich stimmig ist.

So kann z.B. die Information einer belastenden Trennung wichtig sein, um transparent zu machen, warum du schlecht gelaunt oder traurig erscheinst. Dies schreibst du in das Feld „Arbeit“. Die genauen Umstände – z.B. dass du verlassen wurdest, weil die andere Person sich neu verliebt hat, möchtest du vielleicht lieber für dich behalten und schreibst dies dann in das Feld „Privat“.

Ein kleine Hilfe für dich: Für diese Übung zeichnest du deinen Arbeitsraum und deinen Privatraum (siehe Skizze). In diese beiden Räume schreibst du nun, was du für dich behalten möchtest und wovon du im Job erzählen willst. So bekommst du für dich auch viel mehr Klarheit in deinem Rollenverständnis.


Achtsam kommunizieren: Ich Botschaften

Ist dieser Schritt abgeschlossen, wissen wir nicht nur, was uns eigentlich stört, sondern auch, was davon in die Arbeit gehört und was nicht. Nun kommt der schwierigste Teil, der den meisten Mut erfordert. Wir müssen mit anderen reden. Wir wollen eine Veränderung und deshalb bei der Arbeit ins Gespräch kommen. Das fällt vielen Menschen besonders schwer, da es in unserer Gesellschaft an geeigneten Strategien und Räumen für Konflikte und offene Kommunikation mangelt.

Doch auch hier können wir uns ganz konkret vorbereiten und Schritt für Schritt erlernen, wie eine bessere Kommunikation gelingt.

Du wirst merken, dass Menschen offener für Gespräche sind, wenn wir nicht angreifend sagen: „Du bist unfreundlich“, sondern: „Ich nehme dein Verhalten morgens im Büro oft als ablehnend wahr.“ So prangerst du nicht den kompletten Charakter der oder des anderen an, sondern beziehst dich auf deine eigene Wahrnehmung sowie auf einzelne Handlungen oder Verhaltensweisen.

Anschließend kannst du noch einen konstruktiven Wunsch formulieren. Zum Beispiel: „Ich wünsche mir, dass wir freundlich und wertschätzend miteinander umgehen und uns morgens kurz begrüßen.“

Es ist nicht leicht, sich ernsthaft mit sich selbst und anderen auseinanderzusetzen, doch es ist die Mühe wert. Nur so können wir die Beziehung zu uns selbst und zu anderen stärken. Nicht nur im Privaten, sondern auch bei der Arbeit.
Denn: Organisationen werden durch authentische Menschen gestaltet und lebendig.


Die Rolle der Organisation.

Verletzlichkeit kann am Arbeitsplatz nur ihren Ort finden, wenn die Strukturen der Organisation es hergeben.
Für Veränderungen braucht es nicht nur die Kraft Einzelner, sondern strukturelle Gegebenheiten und die Unterstützung seitens der Arbeitgeber. MitarbeiterInnen und Teams müssen die Freiheit haben, ihren Arbeitsplatz mitgestalten zu können und sollten signalisiert bekommen, dass ihre Stimmen gehört werden. Es braucht sichere Orte für vertrauensvolle Gespräche. Supervisionen, Coachings und Teamtage, die den kollegialen Zusammenhalt fördern können, sollten finanziell ermöglicht werden.
Unternehmen tragen die Verantwortung, gute Arbeitsplätze zu schaffen, die auch für die psychische Gesundheit und das mentale Wohlbefinden der Menschen in der Organisation ein unterstützendes Umfeld ermöglichen.


Mein Tipp. Hol dir deine Must-have-Tools.

Diese Fähigkeiten von einer wertschätzenden Kommunikation oder du selbst in deinem Rollenverständnis, entwickelst du in einem Einzelcoaching oder einem Impulsvortrag oder Workshop bei mir in meinem Beratungsraum in Bludenz.
Das Erlernte anzuwenden macht Spaß und hat einen angenehmen Nebeneffekt, es steigert enorm die Vitalität. Persönlichkeitsentwicklung im weiteren Sinn ist das Resultat.

Termine nach Vereinbarung.

Ich freu mich.
Deine Nicole

 

Quelle: Neue Narrative, Nicole Burtscher