Die Kunst des Neinsagens

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„Erkenne zuerst deine inneren Muster und verändere sie, damit du die Fähigkeit zum Neinsagen verstehst.“ -Nicole Burtscher


Egal ob in der Beziehung, Familie, im Job oder bei Freunden: Nein sagen ist für viele von uns eine große Herausforderung. Hilfsbereitschaft ist einfach eine bewundernswerte Eigenschaft – solange die eigenen Bedürfnisse nicht auf der Strecke bleiben. Doch oft quälen uns Schuldgefühle, Ohnmachtsgefühle oder das schlechte Gewissen, wenn wir eine Bitte ablehnen.
Aus Angst, andere zu verletzen oder weil es einfach einfacher ist, sagen wir dann doch schnell „Ja“. Doch wie schaffe ich es, mehr für mich einzustehen?


Warum ist es so schwierig Nein zu sagen?

Unser Denken, Fühlen und Verhalten wird zu über 95 % aus dem Unterbewusstsein heraus gesteuert. Darin verankert sind Programme, die automatisch ablaufen und auf bisherigen Erfahrungen basieren. Durch diese Erfahrungen haben sich innere Überzeugungen, sogenannte Glaubenssätze und innere Muster gebildet.

Sie sorgen wie eine Art Leitsystem dafür, dass du gut durchs Leben kommst. Sie bleiben so lange gültig, bis du sie hinterfragst – auch wenn sie vielleicht aus einer Zeit stammen, in der du die Welt durch Kinderaugen gesehen und empfunden hast. 

Mein Tipp. Schärfe daher dein Bewusstsein! Dadurch gelingt es dir, Glaubenssätze und innere Muster aufzudecken und zu verändern, damit sie dich künftig automatisch so handeln lassen, wie du es dir wünschst. Ein Coaching oder eine Systemaufstellung kann dich dabei wirkungsvoll unterstützen.


5 typische Erfahrungen, die dazu führen können, dass du nicht Nein sagen kannst.

Es sind oft sehr ähnliche Erfahrungsmuster, die dahinterstecken, wenn man sich schwer damit tut, gesunde Grenzen zu setzen. Im Folgenden möchte ich dir die Fünf vorstellen, die mir besonders oft in meinem Coachingalltag begegnen:


1. Du fühlst dich verantwortlich

Manchmal mussten wir schon früh Verantwortung übernehmen. Beispielsweise, weil es engen Bezugspersonen nicht gut ging oder weil sie im Alltag überfordert waren und Unterstützung brauchten. Das kann ganz unterschiedliche Gründe haben: Sie waren krank, hatten viele Verpflichtungen oder waren in anderer Form eingeschränkt.

Als Kind sind Bezugspersonen wie Mama, Papa, Oma, Opa oder andere für uns lebenswichtig. Also tun wir alles, damit es ihnen gut geht – und wir ihre Liebe und Anerkennung bekommen. Oft übernehmen Kinder somit früh Verantwortung und lernen: Wenn ich anderen helfe, dann bekomme ich Liebe, Aufmerksamkeit und Anerkennung.

Es entsteht das klassische Retter- oder Helfer-Syndrom. Denn Verbundenheit ist eines der grundlegenden Bedürfnisse eines jeden Menschen. Dieses Muster kann auch in späteren Jahren noch entstehen, wenn du in engen Beziehungen ähnliches erlebst.

 Typische Glaubenssätze, die dadurch entstehen

  • Ich muss alle zufrieden stellen.
  • Ich bin verantwortlich für das Wohlergehen anderer Menschen.
  • Erst wenn es anderen gut geht, geht es mir gut.

2. Du kennst es nicht anders

In der Kind- und Jugendzeit sind wir nicht nur sehr aufnahmefähig für die Überzeugungen der Menschen, mit denen wir uns umgeben. Auch lernen wir ganz viel durch Nachahmen. Hast du die Erfahrung gemacht, dass deine Mutter, deine Oma oder auch dein Vater immer für alle anderen da sind und ihre eigenen Bedürfnisse zurückstellen? Dann ist das auch deine Wahrheit, wie die Welt funktioniert. Wieso sollte es bei dir anders sein?

Insbesondere das Verhalten der Menschen, die du bewunderst und liebst, ahmst du automatisch nach einer Weile nach und merkst es gar nicht.

Typische Glaubenssätze, die sich bilden

  • Es ist unhöflich eine Bitte abzulehnen.
  • Frauen/Mamas sind bescheiden und stellen das Wohl anderer an erste Stelle.
  • Wer Nein sagt ist egoistisch.

3. Du hast Angst nicht akzeptiert zu werden

„Sei nicht so laut!“, „Sei lieb!“, „Das macht man nicht!“ –All diese Aussagen sind Klassiker, die nahezu jedes Kind oft hört. Das Resultat: Es lernt, dass es (von den Bezugspersonen) nur akzeptiert wird, wenn es sich anpasst. Dazu gehört oft auch, nett und brav zu sein und nichts zu sagen, wenn etwas stört oder eine Grenze überschritten wurde.

Wenn du dich hier wiedererkennst, könnte es sein, dass in dir abgespeichert ist, dass deine Meinung oder dein Wohlbefinden nicht so wichtig ist wie das der anderen. Kein Wunder, dass es dir schwerfällt, Nein zu sagen, denn die Angst vor Ablehnung sitzt tief.

Typische Glaubenssätze, die daraus resultieren

  • Ich bin nicht gut, so wie ich bin.
  • Nur wenn ich mich anpasse, werde ich akzeptiert.
  • Meine Bedürfnisse sind nicht wichtig.

4. Du hast Angst etwas zu verpassen

Ein Thema, das dir vielleicht auch schon bewusst ist: Die Angst, etwas zu verpassen – oft bekannt unter dem Namen „FOMO“ (Fear of missing out).
Gerade in der Jugendzeit ist die Angst, „nicht dazuzugehören“, immens. Klar, dass Absagen schwerfällt. Aber auch später, im Job oder im Alltag, kann genau dieses Gefühl getriggert werden.

Typische Glaubenssätze, die damit einhergehen

  • Wenn ich absage, gehöre ich nicht mehr dazu.
  • Wenn ich Nein sage, enttäusche ich andere.
  • Ich darf nichts verpassen.

5. Du brauchst die Bestätigung anderer um dich gut zu fühlen

Wer immer für andere da ist und nicht Nein sagt, gilt oft als hilfsbereit, wird aber auch schnell ausgenutzt. Diejenigen, die deine Hilfe immer wieder in Anspruch nehmen, sind natürlich dankbar, loben dich und freuen sich. Das kann fast schon abhängig machen – gerade für Menschen, die wenig Selbstvertrauen haben und die Bestätigung anderer brauchen, um sich gut und wertvoll zu fühlen. Ein Muster, das sich oft lange unterbewusst abspielt, bis es aufgedeckt wird.

Typische Glaubenssätze, die dahinterstecken

  • Ich bin nur wertvoll, wenn ich etwas leiste.
  • Ich brauche viel Bestätigung und Anerkennung.
  • Ich fühle mich nur gut, wenn ich gebraucht werde.

Mein Tipp. Das Erkennen von Verhaltensmustern und den zugehörigen Glaubenssätzen ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg, Nein sagen zu lernen. Denn ist dir bewusst, woher deine Schwierigkeit kommt, kannst du dein Verhalten hinterfragen und überdenken. Auch kannst du dir dann selbst endlich die Erlaubnis geben, dass es ok ist, Nein zu sagen. Auch hier kann dich ein Coaching oder eine Systemaufstellung total wirkungsvoll unterstützen!


Mein Tipp. Bleibe authentisch, empathisch und vor allem klar in deiner Aussage. Wie du höflich Nein sagen lernst, ohne das Gegenüber zu enttäuschen? Dazu habe ich viele hilfreiche Tipps aus der Wertschätzenden Kommunikation nach dem Modell der Gewaltfreien Kommunikation, GfK M. Rosenberg für dich.


Kurz vor dem Burnout weil Grenzen fehlen.

Nicht Nein sagen können und die damit verbundenen Muster sind eine der häufigsten Ursachen für Stress und Überlastung. Eine „gesunde Abgrenzung“ schützt somit nicht nur davor, ausgenutzt zu werden, sondern auch davor, dass durch viele Verpflichtungen, hohe Arbeitslast und „alte“ Ängste psychische und körperliche Beschwerden auftreten.


Ein Nein bedeutet ein Ja zu sich selbst.

Auch wenn es schon etwas abgedroschen klingt: Ein Nein ist ein Ja zu sich selbst. Denn in der Regel geht es darum, dass andere Menschen unsere Aufmerksamkeit, Energie und Zeit in Anspruch nehmen. Die eigene Selbstfürsorge wird vernachlässigt und als weniger wichtig eingestuft. Über die Zeit stellen sich nicht nur Unzufriedenheit, sondern auch körperliche oder psychische Beschwerden ein. Die eigene Selbstachtung und das Selbstbewusstsein leiden. Wenn du lernst, souveräner für dich einzustehen, wirst du dich automatisch mit der Zeit stärker und auch freier fühlen.


Grenzen bieten Orientierung.

Es ist auch Erleichterung für Beziehungen, egal in welchem Kontext, wenn du ganz klar Nein sagst. Denn Grenzen dienen der Orientierung. Solange dein Gegenüber nicht weiß, wann es für dich zu viel ist oder wenn du andere Bedürfnisse hast, hat sie gar nicht die Chance, das künftig besser zu berücksichtigen. 

Im Gegenteil: Meistens spüren Menschen, wenn jemand etwas tut, was er oder sie gar nicht möchte. Das kann Beziehungen auf die Dauer belasten und auch dazu führen, dass du weniger ernst genommen wirst. Kein Wunder: Denn du nimmst deine Bedürfnisse ja selbst nicht ernst – wieso sollten es dann die anderen tun? Damit möchte ich dich nur sanft darauf aufmerksam machen, wie wichtig es ist, gut für sich selbst einzustehen.


Starte bei dir. Ein Blick von außen wirkt.

Wir alle sehnen uns nach Ruhe und Zufriedenheit, nach verstanden werden – ohne sich bewertet zu fühlen, nach Weiterentwicklung und vor allem danach, uns wieder mental und körperlich mit voller Energie zu spüren. -Nicole Burtscher

Mein Tipp. Entwickle auch du dich weiter und finde deine persönlichen Lebensziele, die du Schritt für Schritt anpeilen möchtest.
Ein Mentalcoaching oder psychosoziale Beratung sowie eine Supervision oder eine Systemaufstellung kann dich dabei wirkungsvoll und nachhaltig unterstützen.

Ich freu mich dich kennenzulernen.
Deine Nicole

 

Quelle: Nicole Burtscher, Katja Smigerski